nachgefragt bei Sportchef Harald Gloor

In den letzten Monaten hat Covid-19 die Gesellschaft, Wirtschaft und in unserem Fall die Sportwelt vor noch nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Die Sportverbände und die Vereine haben mit Hochdruck an Schutzkonzepten gearbeitet und versucht einen möglichst reibungslosen Trainings- und Spielbetrieb auf die Beine zu stellen. Wie hast du die letzten Monate erlebt, was hat dir und dem Verein zu schaffen gemacht? Gab es vielleicht auch Chancen und Erkenntnisse, welche eine positive Wirkung auf den BTV Aarau Volleyball erzielt haben?

 

Harald Gloor: Die letzten Monate waren für die Trainer*innen im Verein sehr arbeitsintensiv. Die Umsetzung und Einhaltung der Schutzkonzepte bedingt für alle Involvierten enormen zusätzlichen Aufwand. Trainingsformen mussten angepasst werden, die Hygienemassnahmen wurden verstärkt, ausführlichere Präsenzlisten mussten erstellt und zusätzlich archiviert werden. Selbst der Ablauf bei Trainings- und offiziellen Spielen musste wesentlich angepasst werden. Unglaublich, dass alle Trainer*innen im Verein trotz all den zusätzlichen Aufwänden den Fokus darauf

 

Alle haben die Ärmel hochgekrempelt.

hatten, für die zahlreichen Vereinsmitglieder so oft wie möglich Trainings anbieten zu können. Wir müssen unseren Trainer*innen dafür danken und dürfen stolz auf sie sein! Was der Vereinsvorstand leisten musste um einen geregelten Trainings- und Spielbetrieb aufrechtzuerhalten kann man sich kaum vorstellen. Der Begriff Ehrenamt wird schon sehr strapaziert, wenn wir von wöchentlich zwei vollen Arbeitstagen ausgehen, welche für den BTV Aarau Volleyball geleistet wurden. Niemand hat sich zurückgezogen, alle haben die Ärmel hochgekrempelt und sind in ihren jeweiligen Ressorts noch stärker für die Lösungsfindung der anstehenden Herausforderungen eingestanden. Dies beeindruckt mich und zeugt davon, wie wichtig diesem Gremium der Verein mit all seinen wertvollen Mitgliedern ist. Vieles ist weder für die Vereinsmitglieder noch für Aussenstehende zu bemerken. Nur an den Heimspieltagen wird ein kleines Bisschen davon ersichtlich, was im Hintergrund alles geleistet wird.

 

Letzte Saison traf man dich als Coach des NLB Teams, der Juniorinnen U23 1. Liga und RTG in der Halle an. In der Saison 2020/21 betreust du kein Team. Wie ist es dazu gekommen und wirst du das Coachen und Betreuen nicht vermissen?

 

Harry: Durch meine Doppelfunktion als Leiter Sport und Trainer war es letzte Saison zeitlich oft nicht möglich, all meinen Ansprüchen gerecht zu werden. Ich bin ein Perfektionist und kann keine halben Sachen machen. So wurde im Verlauf der Saison immer klarer, dass ich mich von einer der beiden Aufgaben trennen muss. Ich habe mich viel mit unserem Präsidenten ausgetauscht und schlussendlich waren wir beide der Meinung, dass eine Fokussierung auf die Funktionärstätigkeit in der aktuellen Situation für den BTV Aarau das Beste ist. Wir sind ja auch bestrebt, uns in der Ausbildung von Trainer*innen zu positionieren. Da musste ich fast mit gutem Beispiel vorangehen und jüngeren, weniger erfahrenen Trainer*innen den Platz überlassen :-). Wobei ich beide Teams in sehr kompetente Hände übergeben konnte, so dass mir der Entscheid am Ende einfach gefallen ist. Und ich darf bei den Trainings immer mal wieder als Zuschauer und Assistenzcoach Hallenluft schnuppern – insbesondere dann, wenn ich diese zu stark vermisse ;-).

 

Wir starten mit 26 Teams/Gruppen, 20 Trainer*innen und mehreren Assistenztrainer* innen in die Saison 2020/21. Der BTV Aarau Volleyball wächst und wächst. Wie ist das organisatorisch noch zu bewältigen, welche Probleme machen am meisten zu schaffen und sind wir bereits ans Limit des Machbaren gekommen?

 

Harry: Wir haben uns im Frühjahr dazu entschlossen, dem Breitensport und damit unserer Vereinsbasis noch mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Es ist uns wichtig, dass sich die Mitglieder bei uns wohl fühlen. Sie dürfen spüren, dass bei uns der Mensch im Vordergrund steht und der BTV Aarau eine offene, ehrliche und transparente Organisation ist. Es scheint, dass uns dies gut gelingt. Wir haben seit Juli eine Zunahme von 20 Prozent auf aktuell rund 300 Aktivmitglieder. Dieses Wachstum hat aber auch Konsequenzen. Neue Teams wurden eröffnet und damit werden neue Trainer*innen benötigt, es müssen zusätzliche Hallenkapazitäten organisiert und Sportmaterial beschafft werden. Bisher haben wir das Glück, dass sich immer wieder Vereinsmitglieder für die zusätzlichen Aufgaben zur Verfügung stellen. Schon toll, dieses Gemeinschaftsgefühl zu erleben und ein riesiges Dankeschön an alle Helfer*innen. Ohne sie wären all die Ideen und Projekte vom Vorstand nicht umsetzbar. Mit diesem Wachstum stossen wir aber nun an unsere momentanen Grenzen. Erste Interessierte mussten leider abgewiesen werden. Wir sind also gefordert, auf nächste Saison insbesondere bei den Aktivmannschaften weitere Trainingsmöglichkeiten anzubieten. Ob uns dies in einem immer engeren Infrastrukturkorsett gelingt, wird sich weisen. Wir belegen über 50 wöchentliche Halleneinheiten und können nur dank dem enormen Goodwill der Behörden und der Schulen unser Angebot in diesem Ausmass anbieten. Trotzdem werden wir hart für die Lösungen arbeiten. Es wäre schon sehr schade, wenn wir bewegungsinteressierten Personen kein Angebot machen könnten.

Für den Vorstand ist die Entwicklung im Breitensport sehr erfreulich. Es zeigt, dass unsere Arbeit geschätzt wird und wir ein interessantes «Produkt» in der Region Aarau anbieten. 

 

Wir bieten ein interessantes «Produkt» in der Region Aarau an.

Und wir sind erfreut, wie viele Vereinsmitglieder Aufgaben und Verantwortung übernehmen für die Gemeinschaft.

Die Saison ist bereits am Laufen. Kannst du uns einen Ausblick geben und verraten welche Teams den Aufstieg im Visier haben?

Harry: Ich möchte die Trainer*innen und Teams nicht zu stark unter Druck setzen ;-). Wir sind Grundsätzlich gut aufgestellt und können viele Niveaus und Interessen abdecken. Ein Team mit guten Chancen ist das Damen 6. Für die vielen ambitionierten Spielerinnen wäre der Aufstieg in die 3. Liga Classic sicher eine willkommene Herausforderung. Das Team ist aber noch sehr jung und es wird sich zeigen, ob sie über eine ganze Saison genügend stabil sind. Auch dem Damen 2 traue ich einen Exploit zu. Das Team hat sich gezielt verstärkt und mit Timo einen Profitrainer an der Seite. Aber Vorsicht, die höchste Regionalliga (zweite Liga) ist ziemlich ausgeglichen und es kann immer wieder Überraschungen geben. Nach den vielen Aufstiegen der diversen Teams in den letzten Jahren ist es aber auch wichtig, eine gewisse Kontinuität hineinzubringen. Ich bin sehr glücklich, wenn sich das Damen 3 nach dem Aufstieg in der 3. Liga Pro halten kann und auch das Damen 7 muss sich neu in der 4. Liga beweisen.

Was ist dein persönlicher Wunsch für die Saison 2020/21?

Harry: Leider beschäftigt uns das Virus sehr. Ich wünsche mir, dass wir alle gesund bleiben. Und ich hoffe es gelingt uns, Verständnis für die notwendigen Schutzmassnahmen aufzubringen und diese einzuhalten. Es ist wichtig, dass wir bei allfälligen Krankheitssymptomen vernünftig handeln. Ich wünsche mir, dass die Spieler*innen weiter von ihren Freunden und Familien an den Spielen angefeuert werden können. Sie haben es verdient. Und ich wünsche mir auch, dass die Saison wie geplant zu Ende gespielt werden kann.

Interview: Manuela Schenker