Leben als Profi Volleyballerin im Ausland

von Manuela Schenker

5 Fragen... an Laura Künzler

Manuela: Du bist gerade 23 Jahre alt geworden und hast bereits einen beeindruckenden Lebenslauf. Mit 17 Jahren hast du ins NLA Team von Sm’Aesch Pfeffingen gewechselt und wurdest mit den Baslerinnen 2016 Schweizer Vize Meisterin und 2017 Schweizer Vize Cup Siegerin. Dabei hast du eine tragende Rolle gespielt. Du warst sehr jung. Letztes Jahr konntest du mit der Elite Nationalmannschaft an die Europameisterschaften nach Bratislava. Wie hast du diese Zeit empfunden und gab es auch schwierige Momente?

Laura: Ich habe diese Zeit als sehr lehrreich und auch hart, vor allem aber positiv und sehr wertvoll empfunden. Ja, natürlich gab es auch schwierige Momente – zum Beispiel als ich mit 17 Jahren zu Hause ausgezogen bin, um allein in Basel zu wohnen. Oder auch mein erstes Jahr in Deutschland. Es war mental sehr schwierig, als meine Familie und Freunde so weit entfernt waren und ich mit der neuen Herausforderung Bundesliga ziemlich auf mich alleine gestellt war. Und dann natürlich auch meine beiden Sprunggelenksverletzungen. Aber wenn ich zurück denke, dann sind es die erfolgreichen Momente, an die ich mich direkt erinnere. Die tollen Erfahrungen, welche ich bereits machen konnte – sie motivieren mich, meine Ziele weiter zu verfolgen und zu sehen, wo mich dieser Weg noch hinführen kann.

2017 hast du dich für eine Profikarriere im Ausland entschlossen und hast mit deinem damaligen Trainer Timo Lippuner zum 1. Bundesligisten Rote Raben Vilsbiburg in Niederbayern gewechselt. Was hat dich ermutigt, diesen Schritt zu wagen?

Ich hatte mir schon früh zum Ziel gesetzt, dass ich irgend einmal im Ausland spielen möchte. Und als es dann 2017 so weit war und ich die ersten Angebote aus Deutschland erhalten hatte, war ich sehr aufgeregt und überglücklich. Auch der Zeitpunkt war eigentlich ideal, hatte ich doch gerade meine Matura an der Alten Kanti in Aarau abgeschlossen. Ich war also auch ausbildungstechnisch an einem neuen Kapitel angelangt. Als dann die aktuelle Saison bei Sm’Aesch Pfeffingen ihrem Ende zu ging, begannen die Gespräche mit möglichen neuen Vereinen in Deutschland, mit einem Manager aus Italien und auch dem Präsidenten meines damaligen aktuellen Clubs. Wie das so ist, wollten alle wissen was das Beste für mich wäre. In dieser Situation wurde ich dann auch ein bisschen unsicherer, ob ich einen solchen Schritt wirklich schon wagen sollte, oder ob ich doch lieber noch ein Jahr in der behüteten Schweiz bleiben sollte. Doch ich bin sehr froh, dass nicht enden wollende Gespräche mit Familie und Freunden mich dann dazu ermutigt haben, das Abenteuer Ausland zu wagen. Eine Entscheidung, die ich auch nie bereut habe.

Du bist jetzt im dritten Jahr im Ausland als Profi unterwegs und hast nach zwei Saisons in Deutschland nach Frankreich zu ASPTT Mulhouse Volley gewechselt. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen?

Diese Entscheidung hatte viele Gründe. Zum einen ist es nicht ungewöhnlich, nach fünf Jahren mit demselben Trainer im Club und in der Nationalmannschaft, einen Wechsel anzusteuern um neue Inputs und Ansichten zu erhalten und eine neue Philosophie eines neuen Trainers kennenzulernen. Auch habe ich seit letztem Jahr eine belgische Managerin. Zusammen mit ihr habe ich mich entschieden, wieder einen nächsten Schritt zu wagen, indem wir die Topclubs der Bundesliga und der französischen Liga ansteuerten für ein neues Engagement, um mich auf höherem Niveau clubintern messen zu können und mich auch auf diesem Level wieder neu durchzusetzen zu versuchen. ASPTT Mulhouse war also eine neue grosse Herausforderung – auch eine neue Liga, der ich mich unbedingt stellen wollte. Bis heute bin ich sehr glücklich über diesen Entscheid, da ich das Gefühl habe spielerisch bereits sehr viel profitiert zu haben und auch mental an dieser neuen Situation gewachsen bin. 

Wie sieht dein Alltag als Profi Volleyballerin aus und wo siehst du die grössten Unterschiede im Vergleich zur Schweiz?

Aufstehen, Frühstücken, Trainieren, Mittagessen, kurzes Mittagsschläfchen, Zeit fürs Studium, Trainieren, Abendessen, Schlafen – repeat! ;-) Nein, das ist natürlich ein bisschen gar vereinfacht. Ich trainiere normalerweise zwei Mal täglich. Das bedeutet morgens entweder Krafttraining oder Balltraining mit technischem Schwerpunkt und abends Balltraining mit spielerischem Schwerpunkt. Beide Einheiten dauern ca. 2 bis 2.5, selten 3 Stunden. Um das Essen kümmere ich mich selbst – wir haben also keine organisierten Mittagessen, wie das in manchen Clubs üblich ist. Bei uns in Mulhouse ist es eher mal so, dass ich mich einfach mit ein, zwei Spielerinnen zusammentue um das Abendessen zu kochen, um Gesellschaft oder einfach auch weniger Aufwand selbst zu haben ;-). Nachmittags ist es wirklich so, dass die meisten sich kurz hinlegen um ein bisschen zu schlafen – auch ich brauche diese halbe Stunde um fit für das Training am Abend zu sein. Die restliche Zeit versuche ich dann so gut es geht in mein Studium zu investieren. Ich studiere an einer deutschen Fern-Uni Kindheitspädagogik, meinen Bachelor sollte ich in 3 bis 3.5 Jahren abschliessen können. Wenn wir mal an einem Morgen frei, oder eine längere Pause zwischen den zwei Trainings haben, gehe ich gerne mit Mitspielerinnen einen Kaffee trinken, um dem Volleyballalltag ein bisschen entfliehen zu können.

Ich glaube der grösste Unterschied zur Schweiz ist, dass in Mulhouse oder auch in der Bundesliga alle Spielerinnen professionell Volleyball spielen. Das bedeutet alle 12 Spielerinnen sind in jedem Training anwesend und es werden keine Kompromisse mit Studium oder Arbeit eingegangen. Die erste Priorität hat also immer das Volleyball – das spürt man natürlich auch im Training, da jeder sehr hohe Ziele hat und dadurch der Konkurrenzkampf auch sehr gross ist.

Viele unserer jungen Spielerinnen träumen von einer Volleyballkarriere. Kannst du dein Leben durch deinen Job als Profi Sportlerin finanzieren und welche Tipps kannst du unseren Athletinnen mit auf den Weg geben?

Ja, ich kann mir mein Leben durchs Volleyball finanzieren. Ich werde zwar davon nicht reich, doch ich kann gut leben und auch einmal im Jahr Ferien davon bezahlen. Schlussendlich sollte man es aber nicht wirklich fürs Geld machen. Es ist schön, dass ich so meinen Traum leben kann, ohne mir Sorgen für die Zukunft zu machen. Würde ich aber nicht so viel Freude daran haben, hätte ich wohl irgendwann in der Vergangenheit meine Träume bereits an den Nagel gehängt. Darum möchte ich allen jungen aufstrebenden Talenten mit auf den Weg geben, dass vor allem die Freude am Volleyball zählt. Die Freude ist die Motivation für die harte Arbeit, das Durchhaltevermögen und auch das Zähne zusammen Beissen in schwierigen Momenten, welche einfach auch zum Erreichen von Träumen dazugehören. Wichtig ist auch, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss – darum nicht gleich frustriert sein wenn es mal nicht klappt oder man das Gefühl hat nicht vorwärts zu kommen. Einfach mal etwas Neues ausprobieren und sich kleine Ziele auf dem Weg zu seinen grossen Träumen setzen, damit man sich immer wieder an kleinen Erfolgserlebnissen für den weiteren Weg motivieren kann.