Nachgefragt bei Profitrainerin Anika Schulz (2020)

Du hast deinen Traum als Profivolleyballerin jahrelang gelebt und einige Erfolge feiern dürfen, unter anderem die Bronzemedaille mit Deutschland an der Europameisterschaft. Über diese erfolgreiche Zeit haben wir uns bereits in früheren Interviews ausgetauscht. Was mich heute interessiert, ist die Anika Schulz 2020, als Headcoach an der Seitenlinie des NLB Teams und Berufstrainerin im BTV Aarau Volleyball.

 

Du hast deinen «normalen» Bürojob per Ende Juli 2020 niedergelegt und dich dazu entschieden zu 100% als Trainerin zu arbeiten. Wie kam es dazu?

In den letzten Jahren habe ich gemerkt, dass die Belastung mit meinem eigentlichen Beruf und dem zusätzlichen Leistungssport sehr hoch gewesen ist. Ich musste eine Entscheidung treffen mich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, wenn ich meinen Job gut machen möchte. Anfang dieses Jahrs hatte ich vom BTV Aarau Volleyball das Angebot als Vollzeittrainerin erhalten. Ich habe das Angebot sofort angenommen, weil mir die Möglichkeit gegeben wird meine grösste Leidenschaft den Volleyball wieder zum Beruf zu machen.

 

Du trägst zum ersten Mal die Verantwortung für ein NLB Team. Hier geht es nicht mehr oder nur noch teilweise um die Förderung von Spielerinnen. Im Vordergrund steht das Ziel am Ende der Saison den Ligaerhalt zu schaffen. Letzte Saison konntest du das Geschehen noch aktiv als Spielerin beeinflussen. Jetzt stehst du als Headcoach an der Seitenlinie. Wie geht es dir damit?

Als Spielerin konnte ich auf dem Feld mehr Einfluss nehmen und in den entscheidenden Phasen den Lead übernehmen. Das ist jetzt etwas anders. Meine Inputs kommen nun von der Seite. Die Spielerinnen müssen ihre Entscheidungen auf dem Feld selbst treffen und die Verantwortung übernehmen.

Da ich mit vielen Spielerinnen in den vergangenen Jahren bereits trainiert habe, kenne ich die Vor- und Nachteile, an denen wir zusammenarbeiten, um besser zu werden und den Ligaerhalt zu schaffen.

 

Hilft dir deine Erfahrung als Profispielerin bei der Ausübung des Trainerjobs und welche Herausforderungen stellen sich dir?

Ein Vorteil ist, dass ich nach empfinden kann wie sich eine Spielerin in bestimmten Situationen fühlt, weil ich es selbst durchlebt habe. Es kann sein, dass ich durch dieses Verständnis etwas gelassener bin als ein Trainer, der nie solche Drucksituationen selbst erlebt hat. Andererseits weiss ich auch ganz genau, wenn du nach oben willst, dann musst du dich durch beissen so wie ich es als Profispielerin machen musste.

Die Herausforderung für mich liegt vor allem darin, dass ich das erste Mal ein Team trainiere, bei dem ich einen grossen administrativen Aufwand betreibe. Das beinhaltet unter anderem die gesamte Saisonplanung, Trainingsplanung, Gespräche und Spielanalysen. Das ist Anfangs zeitintensiv, aber man wächst ja bekanntlich mit seinen Aufgaben.

 

Du bildest auch Spielerinnen der Eagles Academy aus. Was kannst du den jungen Talenten aus deiner Profikarriere mit auf Weg geben?

Ich zeige unseren Nachwuchstalenten, dass es möglich ist Volleyball professionell zu spielen. Dazu benötigt es Willen, Talent, Durchsetzungsvermögen und das richtige Umfeld. Wir haben in Aarau die besten Möglichkeiten Spielerinnen so auszubilden, dass sie diesen Weg gehen können. Genau diesen Weg bin ich als junge Spielerin gegangen und möchte das unseren Talenten vermitteln.

 

Was hat dich motiviert den Weg als Berufstrainerin einzuschlagen und was rätst du anderen Trainertalenten, die vielleicht auch diesen Weg einschlagen möchten?

Für mich war ausschlaggebend, dass ich das Traineramt als Beruf ausüben kann und ich die Perspektive habe mich langfristig auf diesen Job zu fokussieren.

Im März habe ich meine Prüfung zum Trainer A und werde danach noch weitere Fortbildungen anstreben. Dadurch erhöhen sich meine Chancen auf weitere interessante Aufgaben in meinem Berufsfeld.

Für Trainertalente rate ich die richtige Betreuung auszuwählen. So bietet Swiss Volley z. B.  einen Talentförderungspool, bei dem Trainer professionell begleitet werden. Das hilft enorm.

Des Weiteren empfehle ich bei verschiedenen Trainern zu hospitieren, um verschiedene Eindrücke und Philosophien kennen zu lernen. Das erweitert den eigenen „Volleyballhorizont“.

 

Was ist dein persönlicher Wunsch für die Saison 2020/21?

Ich wünsche dem Verein eine erfolgreiche und verletzungsfreie Saison. Für mein NLB Team wünsche ich mir natürlich den Ligaerhalt und dass wir mit unserem Spiel und Einsatz die Zuschauer begeistern.

 

Interview entstand vor dem Saisonunterbruch.