Nachgefragt bei Harald Gloor, Leiter Sport

 

Auf die neue Saison hin sind wir um 6 Teams gewachsen: 1 Damen- und 1 Herren-Team, 1 Juniorinnen- und 3 Junioren-Teams. Bei der Mixed U13 sind es über 30 Kinder. Wie erklärst du dir diesen Volleyball Boom?

Harry: Ja, wirklich unglaublich diese Entwicklung! Und wenn wir bedenken, dass aufgrund der Corona-Situation einige Volleyballvereine Mühe haben, genügend Spieler*innen für ihre Teams zu finden, ist es umso erfreulicher. Stell dir vor, wir konnten während der Pandemie 150 Vereinsmitglieder gewinnen!

Zur positiven Entwicklung haben mehrere Faktoren eine Rolle gespielt. Ich bin sicher, dass die für uns wichtigen Werte wie «familiär», «respektvoll», «transparent» und «integrativ» von den Mitgliedern aktiv gelebt werden und dies Neuzugänger anspricht. Auch mit der Einführung der drei unterschiedlichen Bereiche Breitensport, ambitionierten Sport und Leistungssport haben wir in den letzten Jahren die Basis gelegt, damit alle Mitglieder den für sich passenden Bereich finden können. 

 

Mir ist wichtig, dass der BTV Aarau Volleyball alle Mitglieder freundlich, zeitnah und kompetent betreut.

Viele Personen im Verein schätzen auch die Professionalität der Trainer*innen und die Disziplin in den Trainings. Und damit meine ich nicht Drill, sondern eine gesunde Fokussierung auf Bewegung und Volleyballtechniken gepaart mit Freude, Spiel und Spass. Alle kommen in die Trainings um etwas zu lernen und um sich zu verbessern – aber auch für Geselligkeit und Freundschaften.

Wir konnten uns im letzten Jahr auch im Schulsport positionieren und helfen damit der Volleyballbewegung im Grossraum Aarau. Dabei hilft uns wesentlich, dass eine japanische Manga Serie namens «Haikyu!!» bei den Jugendlichen so richtig durchgestartet ist. Alle wollen so werden wie die Trickfilmhelden. Dies erklärt zum wesentlichen den Boom im Nachwuchs – insbesondere bei den Jungs.

Wenn ich sage, dass wir uns als Dienstleistungsunternehmen verstehen, tönt das vielleicht komisch. Mir ist wichtig, dass der BTV Aarau Volleyball seine Kunden – unsere Mitglieder oder zukünftige Mitglieder – freundlich, zeitnah und kompetent betreut. Wir haben zum Beispiel das Credo, dass bei einer Anfrage für Probetrainings keine 48 Stunden vergehen, bis wir uns bei den interessierten Personen melden. Das ist im Vereinswesen leider nur selten der Fall. Oder dass wir interne Anliegen ernst nehmen und zeitnah Lösungen suchen. Dies zeichnet uns aus und trägt auch zum Wachstum bei.

Konntest du alle Trainerstellen leicht besetzen?

Harry: Wir sind in der glücklichen Lage, dass unsere Vereinsmitglieder sich einbringen, mithelfen und auch etwas bewegen wollen. Geholfen hat sicher, dass wir aufzeigen konnten, dass Trainer*in zu sein auch im Berufsumfeld geschätzt wird und dass viele persönliche Kompetenzen wie Organisation, Planung, Kommunikation, Eigenverantwortung und Kundenorientierung entwickelt und gestärkt werden können. Ein ganz schön gefüllter Rucksack, welchen man auf seinen weiteren Lebensweg mitnimmt. Da lohnt es sich doch einfach, Trainer*in zu sein. Und dann erhält man erst noch den Mitgliederbeitrag geschenkt und die Ausund Weiterbildungskosten werden vom Verein übernommen. Und es hilft natürlich auch, dass wir in der Schweizer Volleyballszene mittlerweile einen hervorragenden Ruf besitzen. Externe Trainer*innen kommen gerne in unseren Verein. Hier haben sie die Möglichkeit, in Ruhe zu arbeiten, sie werden unterstützt und können sich weiterentwickeln.

 

 

Rechnest du weiter mit einem solchen Wachstum und was macht der BTV Aarau Volleyball, damit nachhaltig genügend Trainer*innen und Betreuer*innen zur Verfügung stehen bzw. ausgebildet werden?

Harry: Ja, ich rechne mit noch mehr Zuwachs. Auch im Bereich der Trainer*innen haben wir in meinen Augen unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, dass der BTV Aarau Volleyball führend in der Betreuung und Ausbildung von Trainern und Trainerinnen ist. Diese Positionierung habe ich sonst noch von keinem Verein gelesen oder gehört. Das zieht engagierte Personen an – genau die suchen wir! Ein sehr grosses Anliegen ist mir die Förderung der Trainerinnen. Es sind mehr Volleyballerinnen als Volleyballer in der Schweiz aktiv. Und in den Einsteiger Stufen der Trainerausbildung nehmen mehr Trainerinnen als Trainer teil. Aber leider gehen ganz viele Frauen wieder «verloren». Ich habe mir zum Ziel gesetzt, diesen Trend zu stoppen. Dafür braucht es griffige Massnahmen wie z.B. die Begleitung der Trainerinnen in ihrer neuen Aufgabe. Sie brauchen Ansprechpersonen, denen sie vertrauen. Dafür habe ich schon einige Massnahmen in der Pipeline, welche ich aber aktuell noch nicht verraten möchte.

 

Wir haben aktuell 18 Trainer*innen im BTV Aarau Volleyball. Wie sehen die Betreuung und Förderung aus?

Harry: Wir haben Angebote geschaffen, von denen sowohl in- als auch externe Trainer*innen und regionale Vereine profitieren können. Wir stellen erfahrene Trainer*innen zur Seite, welche Unterstützung bieten bei der Planung einer Saison, der Durchführung einer Trainingseinheit oder beim Coaching an einem Wettkampf. Unser J+S Coach betreut und begleitet die Trainer* innen im Bereich der Aus- und Weiterbildungen. Auch da, wir verstehen unsere Trainer*innen als Kunden und gehen proaktiv auf sie zu und machen zu ihnen passende Vorschläge.

Neben den vielen Trainer*innen, welche ihre Tätigkeit im Verein neben ihrem Hauptberuf ausüben, haben wir mittlerweile auch mehrere Profitrainer*innen mit Teil- oder Vollzeit-Pensum. Deren Betreuung unterscheidet sich wesentlich. Wir geben alles, um für die landesweit besten Trainer*innen eine interessante Arbeitgeberin zu sein. Sie haben bei uns die Möglichkeit sich einzubringen – ihre Ideen umzusetzen in einem dynamischen, aktiven Umfeld. Sie werden marktgerecht, fair, entschädigt und besitzen viel Autonomie. Der gegenseitige Austausch entwickelt die Trainer*innen weiter und sie werden dadurch noch attraktiver für den Markt. All die Vorzüge hier aufzuführen würde den Rahmen sprengen. Aber ich glaube viele Trainer*innen würden gerne bei uns eine Anstellung erhalten.

Wir dürfen nie vergessen, dass wir am Schluss nur gemeinsam Probleme lösen können.

Was ist dein persönlicher Wunsch für die Saison 2021/22?

Harry: Ich wünsche mir nach zwei abgebrochenen Meisterschaften wieder eine komplette Saison. Die Spieler und Spielerinnen haben so viel Zeit in der Halle ohne Wettkämpfe verbracht, das tut richtig weh. Dabei gehören diese zum absoluten Highlight. Wir betreiben eine Spielsportart – da wollen wir eben spielen!

Weiter hoffe ich, dass wir alle gesund durch die Saison kommen und dabei vernünftig bleiben und gemeinsam nach Lösungen suchen. In vielen Themen kann man unterschiedlicher Meinung sein, man darf diese vertreten und dafür einstehen. Eine offene Streitkultur gehört meines Erachtens zu einem modernen Verein dazu. Aber wir dürfen nie vergessen, dass wir am Schluss nur gemeinsam die Probleme lösen können. Ich wünsche mir, dass dies wieder vermehrt in den Vordergrund rückt und wir einander akzeptieren und tolerieren.

 

Interview: Manuela Schenker